Ein G8, zurück zum G9 oder doch die Zwischenform Mittelstufe Plus? Die Diskussion um die Zukunft des bayerischen Gymnasiums ist vielfältig. Dennoch: Die Stimmung bei den Teilnehmern der Diskussionsrunde des Arbeitskreises Schule, Bildung und Sport (AKS) der CSU Rosenheim mit dem Landtagsabgeordneten Otto Lederer im Happinger Hof war eindeutig: Es darf keine Änderung zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler geben.
Dass überhaupt eine neue Diskussion um die Zukunft des Gymnasiums entbrannt ist, ärgert den Vorsitzenden des AKS Rosenheim, Peter Peltzer. Dies wurde bei seinen einführenden Worten deutlich: „Das Volksbegehren zur Wahlfreiheit zwischen dem 8- und dem 9-stufigen Gymnasium im Jahr 2014, initiiert durch die Freien Wähler, hatte keine drei Prozent erlangt. Dies war ein eindeutiges Zeichen aus der Bevölkerung!“ Außerdem hatten sich selbst die Direktoren der Gymnasien aus dem Landkreis Rosenheim, früher Verfechter des G9, in einer vergangenen Sitzung des AKS eindeutig zum jetzigen G8 bekannt. Gründe hierfür waren vor allem weitere Verbesserungen des neuen Systems und der Beweis, dass auch mit einem G8 ein Abitur erfolgreich abgelegt werden kann.
Eine Entscheidung, in welche Richtung sich das Gymnasium nun entwickeln wird, sollte noch in diesem Jahr gefällt werden. Die Einführung dieser Weiterentwicklung könnte dann im Schuljahr 2017/18 erfolgen.
47 Gymnasien erproben derzeit die Mittelstufe Plus:
Der Landtagsabgeordnete Otto Lederer, der als Mitglied des Bildungsausschusses des Bayerischen Landtags geladen war, verschaffte anschließend einen Überblick über die Haltung des Kultusministeriums zum Thema. So startete die Mittelstufe Plus als Pilotprojekt zum Beginn des letzten Schuljahres. 71 Schulen aus ganz Bayern haben sich dafür beworben, 47 Schulen wurden letztlich ausgewählt. Diese sollten die Erweiterung des achtstufigen Gymnasiums durch die Mittelstufe Plus zwei Jahre lang erproben und werden hierbei von einer speziell dafür eingerichteten Projektgruppe unterstützt. Diese setzt sich aus Gymnasiallehrern, Mitarbeitern des Bayerischen Kultusministeriums und des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung, kurz ISB, zusammen.
Einen negativen Trend kann Otto Lederer beim G8 derzeit nicht erkennen: „Es gibt mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, die keine Anhaltspunkte bieten, dass sich das G8 im Vergleich zum G9 negativ auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler auswirkt!“ So hätten G8-Schüler zwar weniger Freizeit und würden deshalb zum Beispiel seltener Nebenjobs annehmen, dennoch wäre genug Zeit für Hobbys und Freunde, so heißt es in den Studien weiter.
Wie die Entscheidung ausfallen wird:
Wird es nun also künftig weiterhin ein stabiles G8 geben oder eine Rückkehr zum G9? Werden sich die Schulen zwischen dem G8 und der Mittelstufe Plus eigenständig entscheiden können? Eine eindeutige Richtung dazu gibt es derzeit nicht. So äußerte sich der Bezirksvorsitzende Oberbayern-Ost der Bayerischen Direktorenvereinigung, Walter Baier: „Wir brauchen eine klare Entscheidung, egal in welche Richtung diese geht. Wir sehen ja das Chaos, das zum Beispiel jetzt in Hessen herrscht.“ In Hessen können sich Schulen seit 2013 selbst zwischen einem acht- oder neunstufigen Gymnasium oder auch für einzelne G9-Klassen entscheiden.
Der Vorsitzende Peter Peltzer zu dieser Diskussion: „Durch die Einführung einer Mittelstufe Plus bekommen die Schülerinnen und Schüler zwar mehr Zeit, welche sie zum Lernen nutzen könnten, wie wir jedoch aus der eigenen Pubertät wissen, verleitet dieses Mehr an Zeit nicht unbedingt dazu, mehr für die Schule zu tun!“ Doch auch die Rückkehr zu einem G9, wie sie von einigen bildungspolitischen Verbänden gefordert wird, sei mit einem großen Fragezeichen zu sehen, da die neue Form des G9 bisher nirgends festgelegt sei, so Peltzer weiter.
Rosenheimer Modell am Karogymnasium:
Wie eine Verlängerung der Lernzeit eventuell umgesetzt werden könnte, weiß Florian Ludwig, Vorstandsmitglied des AKS und Lehrer am Karolinengymnasiums in Rosenheim, zu berichten. Dieses hat im vergangenen Schuljahr das „Rosenheimer Modell“ angeboten. Dieses sieht eine Einführungsklasse vor der eigentlichen Oberstufe vor. Als Zielgruppe kommen nicht nur Realschüler in Betracht, sondern auch Gymnasiasten, die sich als Studienvorbereitung einen möglichst guten Abiturschnitt zum Ziel gesetzt haben oder beispielsweise aufgrund eines kurzzeitigen Auslandsaufenthalt den Anschluss zum fortlaufenden Lernalltag nicht verlieren möchten.
„Es muss Ruhe einkehren“
Ob G8, G9, Mittelstufe Plus oder „Rosenheimer Modell“: Es gibt einige Ansätze, um den Schülerinnen und Schülern den Weg in die Oberstufe des Gymnasiums zu ebnen. Wichtig ist, dass bald Ruhe in die Diskussion einkehrt, so der Tenor bei allen Beteiligten. Ob es jedoch nach einer Entscheidung um die Diskussion zur Zukunft des Gymnasiums ruhiger wird? „Ich befürchte, dass es auch nach einer Entscheidung einzelne Verbände oder Parteien geben wird, die das Ergebnis anzweifeln werden“, erklärt Otto Lederer abschließend.